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  • AutorenbildMichael Anker

Analog im Quadrat

Revival nach zwanzig Jahren



Ja, es ist ein Anachronismus: Seit einem Jahr fotografiere ich wieder auf Film. Schon im letzten Jahr habe ich ein Projekt mit einer Fuji GW690 III Kamera auf 120er Rollfilm fotografiert. Es war seit 20 Jahren das erste Mal, dass ich wieder mit Filmmaterial arbeitete. Da ich auch das quadratische Format liebe, kam nur kurze Zeit später eine vorzüglich erhaltene Hasselblad 501CM aus dem Jahr 2003 in meinen Besitz. Vermutlich eine der letzten, denn 2005 wurde die Produktion der 501 eingestellt. Bereits in den 1980er Jahren fotografierte ich auf Rollfilm im Format 6x6. Nun also ein Revival.

Es ist ein haptisches Vergnügen dieses massive Stück schwedischen Metalls in den Händen zu halten. Ich bin davon überzeugt, dass sich dieses Gefühl auch auf die Arbeit überträgt. Die Faszination die davon ausgeht, wieder handwerklich im wörtlichen Sinne zu fotografieren, ist auch nach zwei Jahrzehnten wieder präsent. Auch das Wissen und die Erfahrung, ein Bild nur im Zusammenspiel von Physik und Chemie herzustellen, komplett ohne elektronische Helfer und ohne Automatik.

Im Negativformat von 6x6 cm gibt es nur zwölf Aufnahmen pro Film. Zwar gab es früher Filme mit 24 Aufnahmen, diese werden aber seit Jahren nicht mehr hergestellt. Also heißt es sich beschränken und sorgfältig arbeiten. Genau überlegen, die Szene komponieren und abdrücken. Zwölf mal, dann ist Schluss und es muss ein neuer Film eingelegt werden. In der Zwischenzeit nachdenken über das Motiv, über das Licht und die Kontraste. Dann wieder selbst scharfstellen und die richtige Zeit-Blendenkombination errechnen. Falsche Werte lassen sich in der Regel kaum korrigieren, da man den Fehler erst bemerkt, wenn der Film bereits entwickelt ist. Dieses Risiko ist Bestandteil des analogen Prozesses und nicht das einzige. Fehler können auch beim Entwickeln des Filmes passieren. Deshalb habe ich eine digitale Support-Kamera dabei. Sie hilft mir die Fehlerquote zu minimieren. Demnächst werde ich aber auch darauf verzichten.

Was macht den Unterschied gegenüber dem digitalen Fotografieren aus? Warum nehme ich dafür die realen Risiken des Verlustes eines Bildes in Kauf? Als erstes ist es wohl das oben beschriebene haptische Vergnügen des „Heavy Metal“, bei dem ein Bild entsteht und materialisiert wird. Im Laufe des fotografischen Prozesses entsteht ein Ding, ein Gegenstand und nicht nur Millionen von nicht kontrollierbaren Textzeilen, wie in einer Digitalkamera. Es ist eine Art von selbstbestimmtem Arbeiten. Ich entscheide, wie ein Bild entsteht und nicht die Software der Kamera. Der Look: das Fehlen der perfekten Schärfe von Digitalbildern. Die Körnigkeit, die den Fotos eine Rauheit gibt, die sich nicht mit digitalen Filtern erzielen lässt. Ein Hauch Mystik steckt ebenfalls in diesem Prozess, Licht mittels eines physikalisch-chemischen Prozesses auf Filmmaterial zu speichern, sich in Geduld zu üben und das Bild erst später sichtbar zu machen. Es ist ein Ausgleich zum digitalen Fotografieren, auf das ich bei professionellen Aufträgen aufgrund der Zuverlässigkeit nicht verzichten kann.


Derzeit verwende ich zwei Objektive: ein Carl Zeiss CB Planar 2,8/80 und ein Carl Zeiss CF Distagon 4/50. Mein bevorzugter Film ist im Moment der Kodak TMAX 400, den ich in Rodinal 1:25 bzw. TMAX-Entwickler 1:4 entwickle.



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