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AutorenbildMichael Anker

Fotografieren als spirituelle Übung

Eine leise Dokumentation



Fotografieren kann auch ein spiritueller Vorgang sein. Diese Erfahrung konnte ich 2023/24 bei einer dokumentarischen Auftragsarbeit für das Oderbruchmuseum in Altranft machen. Ich bin dankbar dafür, dass die Verantwortlichen des Museums sich auf das Experiment einließen, die Serie über das christliche Leben im Oderbruch, analog auf Schwarzweiß-Film und mit meiner Bildsprache fotografieren zu lassen. Warum nicht in Farbe? Es ist viel Symbolisches in den Bildern. Farbe könnte nicht mehr erzählen. Die technische Herausforderung war allerdings groß: die geringe Auflösung des 400er-Films traf auf wenig Licht in sakralen Räumen. Um die Stille nicht zu stören, fotografierte ich mit einer sehr leisen Mamiya 6-Kamera.



Als ein spirituell Suchender und Beobachtender, so nehme ich mich selbst wahr. Sakrale Orte ziehen mich in ihren Bann, ebenso die in ihnen Behausten, gleich welcher Religion. Ob in asiatischen Tempeln, in der Blauen Moschee in Amman, im überwältigenden Prunk des Petersdoms oder in den kleinen, über die Dörfer verstreuten, Kirchen des Oderbruchs, überall dort begegnete ich einem authentischen Glauben. Dieser zieht sich wie eine unterirdische Wasserader um den gesamten Globus, schreibt der Benediktinermönch David Steindl-Rast in seinem Buch „Der Fließweg“. Sie werde an unterschiedlichen Orten von verschiedenen Religionen angezapft. Das Wasser ist immer dasselbe, nur die Brunnen seien sehr verschieden. Dieser Idee einer Ur-Religiosität kann ich mich guten Glaubens anschließen.

Die Kirchen in Deutschland erleben keine einfache Zeit. „Ihr Schwund an Mitgliedern legt davon ein beredtes Zeugnis ab, gerade in den ländlichen Kirchgemeinden wird das sichtbar. Die Zukunft des kirchlichen Lebens in den Dörfern scheint an vielen Orten ungewiss“, schreibt Kenneth Anders, der Leiter des Oderbruchmuseum, in einem Text zu dieser Dokumentation.

 

Fotografieren ist für mich neben dem gestalterischen ein spiritueller Vorgang, besonders seit ich wieder analog auf Film fotografiere. Anders als in der Digitalfotografie, bei der Software-Entwickler viel von dem vorgeben, was das spätere Ergebnis ausmacht, ist das analoge Fotografieren aber auch ein handwerklicher Prozess, der physikalische und chemische Kenntnisse voraussetzt. Das gilt besonders, wenn man die Filme selbst entwickelt. Das Spirituelle zeigt sich dann in der Gewissheit, dass es, wie im Leben, Unwägbarkeiten gibt, die alles zunichte machen können. Erst Stunden, Tage oder Wochen später weiß man, ob es Bilder geben wird. Es sind das Vertrauen und der Glaube an die eigene Schöpferkraft, vielleicht auch das Hoffen auf Beistand, die diese Spiritualität ausmacht. Ebenso das bewusst sparsame Auswählen der jeweiligen Szenen, durch die Beschränkung auf nur zwölf Bilder pro Film.


Bei diesem besonderen Thema, einen Augenblick des christlichen Lebens im Oderbruch einzufangen, kam ein weiterer Aspekt hinzu - Achtsamkeit. Ich versuchte, mich sehr behutsam in die jeweiligen Situationen einzufühlen, ein Teil des Geschehens zu werden. Ich war berührt von der Bereitschaft der Menschen, mich zuzulassen. Dieses achtsame Einlassen war ein Grund dafür, warum ich selten mehr als einen Film pro Termin brauchte. Ich hatte die künftigen Bilder bereits vor meinem geistigen Auge gesehen.


Dauerausstellung einiger Fotos der Serie an der Empore und Patronatsloge der Kirche in Altranft, Brandenburg/Germany.


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